Der Moment, in dem es „zu viel“ wird.
Der Moment, in dem es „zu viel“ wird.
Manchmal reicht ein einziger Satz, und etwas in uns kippt. Ein Kommentar, der uns trifft. Ein Blick, der etwas auslöst. Ein Tonfall, der sich größer anfühlt als die Situation selbst.
Was im Außen wie ein kleiner Reiz wirkt, löst im Inneren eine Welle aus – Ärger, Rückzug, Verteidigung. Und oft merken wir erst hinterher, dass es gar nicht um das Gesagte ging, sondern um das, was es in uns berührt hat:
alte Erfahrungen, unbewusste Muster, wunde Punkte.
Wenn Motive unter Druck geraten
Hinter jedem Trigger steckt ein Motiv – also ein inneres Grundbedürfnis, das uns antreibt. Wir alle haben sie, diese inneren Antreiber:
- das Bedürfnis nach Anerkennung,
- nach Einfluss,
- nach Zugehörigkeit,
- nach Sicherheit
- oder nach Autonomie.
Diese Motive sind die Basis unserer Motivation – sie geben Energie, Richtung und Sinn. Doch wenn ein Motiv übersteuert wird – etwa weil wir es über Jahre zu stark bedienen mussten oder weil es zu selten erfüllt wurde – entsteht Spannung. Dann kippt Motivation in Überkompensation.
Ein Beispiel: Wer stark das Motiv „Leistung“ in sich trägt, blüht auf, wenn er gestalten und Ergebnisse schaffen darf. Wird dieses Motiv aber übersteigert, entsteht schnell der innere Satz: „Ich muss immer liefern.“
Und genau dort liegt der Nährboden für Trigger. Denn sobald jemand Zweifel äußert oder etwas nicht perfekt läuft, meldet sich die alte innere Alarmanlage: Gefahr – dein Wert steht auf dem Spiel! Das ist der Moment, in dem Emotion und Automatismus übernehmen.
Trigger – Spiegel unbewusster Übersteuerungen
Trigger sind keine Schwächen, sondern Signale. Sie zeigen, wo unsere Motive in Schieflage geraten sind und alte Schutzstrategien anspringen. Das Eisbergmodell verdeutlicht es: Sichtbar ist nur das Verhalten, aber darunter liegen Prägungen, Motive und Erfahrungen – unser ganz persönliches Betriebssystem. Wer seine eigenen Auslöser versteht, führt klarer. Denn statt automatisch zu reagieren, entsteht Raum für bewusste Entscheidung:
Reagiere ich – oder gestalte ich?
Vom Ausgelöstsein zum Bewusstsein
Selbstführung bedeutet, den Moment zwischen Reiz und Reaktion zu dehnen. Dort liegt die Chance, Verantwortung zu übernehmen – für das eigene Erleben und Verhalten. Drei Schritte helfen, aus Trigger-Momenten Lernmomente zu machen:
- Beobachten: Wahrnehmen, was im Körper und im Denken passiert – ohne sofort zu bewerten.
- Reflektieren: Erkennen, welches Motiv oder welche Überzeugung aktiviert wurde.
- Gestalten: Eine bewusste Antwort wählen – und damit den Kreislauf aus Reiz und Reaktion durchbrechen.
So wird aus dem „Ich kann nicht anders“ ein „Ich entscheide mich hier und jetzt ganz bewusst anders“.
Kommunikation als Transformationsraum
Selbstführung endet nicht bei uns selbst. Sie wird erst dann wirksam, wenn sie auch die Kommunikation verändert.
In der Arbeit mit Führungskräften haben sich drei einfache, aber kraftvolle Techniken bewährt:
- Nachfragen: „Das heißt, Sie denken…?“ – schafft Klarheit statt Deutung.
- Zugewandt sein und sich abgrenzen: „Ich verstehe, dass Sie unzufrieden sind – und gleichzeitig…“ – hält Verbindung trotz Differenz.
- Staunen zur Verfügung stellen: „Oh, das ist interessant. Was genau verstehen Sie darunter?“ – öffnet den Raum für neue Perspektiven.
Diese Haltungen holen uns aus dem Reaktionsmodus in den Gestaltungsmodus – und machen Führung menschlich, aber klar. Forschung zur emotionalen Intelligenz (Daniel Goleman) zeigt, dass Selbstwahrnehmung und Selbstregulation Kernkompetenzen wirksamer Führung sind. Auch Amy Edmondson belegt mit ihrem Konzept der psychologischen Sicherheit, dass Teams dort am besten arbeiten, wo Führungskräfte eigene Emotionen reflektieren und sicher kommunizieren.
Kurz innehalten – oder tief arbeiten?
Solche Reflexionsmethoden wirken wie ein Pflaster: Sie helfen im Moment, die Wunde sauber zu halten und bewusst zu reagieren. Doch wenn Trigger immer wiederkehren oder sehr stark sind, liegt die Ursache tiefer – in verankerten Glaubenssätzen, die einst Schutz geboten haben, heute aber blockieren.
Hier setzt Deep Work Coaching an. Es löst diese inneren Programmierungen dort, wo sie entstanden sind – im emotionalen Erfahrungsgedächtnis. Wenn der Glaubenssatz sich verändert, verliert auch der Trigger seine Kraft. Was vorher ein Reflex war, wird zu einer bewussten Entscheidung.
Fazit: Klarheit statt Kontrolle
Trigger-Momente sind keine Störung – sondern Einladungen. Einladungen, uns selbst besser zu verstehen, alte Muster loszulassen und neue Bewusstheit in unsere Führung zu bringen.
Selbstführung heißt nicht, nie getriggert zu werden. Sie heißt, zu verstehen, warum uns etwas trifft – und zu wissen, wie wir damit umgehen können. Denn innere Klarheit entsteht nicht durch Kontrolle. Sondern durch das Verständnis der Motive, die uns antreiben – und die Freiheit, sie bewusst zu leben.